Vom Feststellen des Todes in einer hochtechnisierten Medizin
Die Transplantationsmedizin ist Teil der modernen Medizin und gibt vielen vormals todgeweihten Menschen eine zweite Chance. Diese Chance ist aber (abgesehen von der Lebendspende) gekoppelt an den Tod einer anderen Person – und damit an die Frage, wann eine Person als „tot“ zu gelten hat. Diese Frage stellt sich zwar nicht nur in der Transplantationsmedizin, erhält dort aber eine besondere Brisanz, weil der Entscheid unter Zeitdruck stattfindet, damit die zu transplantierenden Organe möglichst wenig geschädigt werden. Da aufgrund des Mangels an Spenderorganen zunehmend auch Personen nach Herz-Kreislauf-Stillstand als Spender in Betracht gezogen werden, verschärft sich dieses Problem.
Der Tod ist das unausweichliche Schicksal eines jeden Menschen – ein Schritt in ein unbekanntes Terrain, das in jeder Kultur hochgradig symbolisch beladen ist. Entsprechend breit ist das Spektrum an Vorstellungen, was mit einer Person geschieht, wenn sie stirbt und der Körper zerfällt. In manchen Kulturen sterben die Menschen als Personen nie, sie weilen unter den Lebenden und ihre körperlichen Überreste, die Knochen, werden regelmässig an Festen gefeiert. In einer naturwissenschaftlich geprägten Weltanschauung sind Leben, Bewusstsein und Gehirn zunehmend aneinander gekoppelt worden, was sich auch auf die Vorstellung des Todes ausgewirkt hat. Doch auch hier ist der Tod nicht einfach ein naturwissenschaftliches Faktum, denn der Stand des Wissens erlaubt auch heute unterschiedliche, letztlich naturphilosophische Definitionen, was unter „Tod“ zu verstehen ist und wann dieser unabänderliche Zustand im Sterbeprozess eines Menschen eingetreten ist. Solche Vorstellungen prägen auch die Praxis der Transplantationsmedizin und erklären beispielsweise, warum in Japan die Organspende nur unter sehr strikten Bedingungen überhaupt erlaubt ist.
Wie der Tod in die Transplantationsmedizin kam
In einer Welt mit hoher Sterblichkeit – und derart war die Welt des Menschen über Jahrtausende geprägt – war das Phänomen des Sterbens und des toten Körpers Teil des Lebensvollzugs. Dies hat sich in der Moderne auf entscheidende Weise geändert (Ariès 1999). Zwar ist der Tod in virtueller Weise, vermittelt durch die Massenmedien, präsent wie nie – doch das tatsächliche Sterben vollzieht sich mehr und mehr in definierten sozialen Räumen, den Pflegeheimen und den Spitälern.
Im Zug der Entwicklung der modernen Intensivmedizin ist dabei eine neue Form des Sterbens aufgetreten. Durch die künstliche Beatmung ist es möglich geworden, Atmung und Kreislauf einer Person aufrecht zu erhalten, obgleich alle Anzeichen darauf hindeuten, dass das Gehirn der betreffenden Person irreversibel geschädigt ist, diese Person demnach nie mehr „aufwachen“ und der Kreislauf nach Abbruch der künstlichen Beatmung zusammenbrechen wird. Dieser Zustand wurde erstmals 1969 als „coma dépassé“ (wörtlich übersetzt: ein über das Koma hinausgehender Zustand) in der Fachliteratur beschrieben. In den 1960er Jahren häuften sich auf den Intensivstationen solche Fälle.
Für die Medizin führte dies zu einem ethischen Problem: Wie soll mit diesem Zustand umgegangen werden, wenn doch Lebenserhaltung das primäre Ziel des medizinischen Handelns ist? Denn faktisch führte der Abbruch der künstlichen Beatmung und anderer intensivmedizinischer Massnahmen zum Tod des Patienten. Die mit dem „coma dépassé“ einhergehende Unsicherheit war denn auch das erste Motiv, das die so genannte Harvard-Kommission (eine Adhoc-Kommission aus Theologen, Juristen und Medizinern der Harvard Medical School) dazu bewog, das „coma dépassé“ selbst schon als Todeskriterium vorzuschlagen – und nicht erst der bis dahin „normale“ Tod nach Kreislaufzusammenbruch. Mit dieser neuen Definition bedeutete (auch im juristischen Sinn) der Abbruch der Behandlung kein Töten des Patienten. Gestützt wurde dieses neue Todeskriterium durch das wachsende neurowissenschaftliche Wissen, das dem Gehirn eine entscheidende Funktion für menschliches Bewusstsein und damit menschliches Leben einräumt – und damit gleichzeitig aber auch das Verständnis von menschlichem Leben verengt.
Es ist zwar falsch zu behaupten, das neue Todeskriterium sei nur deshalb eingeführt worden, damit die Transplantationsmedizin zu ihren Organen kommt (siehe dazu auch Belkin 2003). Allerdings bestehen in der Tat wichtige Bezüge, denn mögliche „Kontroversen bei der Beschaffung von Organen zur Transplantation“ waren das zweite Motiv der Harvard-Kommission für die Einführung des neuen Todeskriteriums. Die Organtransplantation hat seit den 1960er Jahren, als erste Medikamente zur Unterdrückung der Immunabstossung zur Verfügung standen, erste Erfolge gefeiert – darunter die erste Herztransplantation im Jahre 1967. So haben sich im neu vorgeschlagenen Todeskriterium zwei Entwicklungen der modernen Medizin getroffen: die Problematik des Sterbens auf der Intensivstation und die aufkommende Transplantationsmedizin.
Der Begriff des „coma dépassé“ wurde bald durch den Begriff „Hirntod“ ersetzt. Rein juristisch wird der Begriff heute nicht gebraucht, denn es gibt nur eine Todesdefinition. Diese geht heute von der Idee aus, dass die personale Existenz des Menschen an ein funktionierendes Gehirn gebunden ist. Ist das Gehirn abgestorben, weil es beispielsweise nicht mehr durchblutet wird, so gilt der Mensch als tot. Diese Definition des Todes verlangt den Nachweis, dass die Funktion des Gehirns unwiderruflich erloschen ist. In den meisten Todesfällen wird dieser Nachweis allerdings nie erbracht, weil nach einem längeren Herz-Kreislauf-Stillstand das Gehirn – wie der restliche Körper auch – gar nicht mehr durchblutet wird und man deshalb sicher sein kann, dass auch das Gehirn abgestorben ist. Dass der Begriff „Hirntod“ aber immer noch weit verbreitet ist, hängt von den besonderen Umständen der Todesfeststellung ab.
Das Verfahren der Todesfeststellung
Zur Definition des Todes gehört das Verfahren der Feststellung des Todes. Der Normalfall der Todesfeststellung besteht im Nachweis, dass ein dauernder Kreislaufstillstand vorliegt, dass also das Herz aufgehört hat zu schlagen und Reanimationsmassnahmen erfolglos verlaufen sind. Je nach Todesursache können hierbei auch moderne Geräte zum Einsatz kommen, namentlich die transthorakale Echokardiographie (TTE). Später werden weitere Merkmale des Todes erkennbar, so die Totenflecken, die bereits nach 20–30 Minuten auftreten können, oder die Totenstarre (einige Stunden nach Eintritt des Todes).
Im Fall des so genannten „Hirntods“ kann ein dauernder Kreislaufstillstand nicht festgestellt werden, weil die betroffene Person ja künstlich beatmet wird und deshalb Atmung und Kreislauf weiter funktionieren. Da die Todesdefinition den Nachweis des Funktionsausfalls des Gehirns verlangt, muss dieser nun direkt erfolgen. Dies geschieht in der Schweiz gemäss den neu geltenden Richtlinien der SAMW in zwei Schritten:
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Als erstes wird geprüft, ob die Voraussetzungen für einen „Hirntod“ gegeben sind. Es muss also eine derart schwere Hirnschädigung vorliegen, dass dadurch die Gesamtfunktion des Gehirns ausfallen kann. Insbesondere muss ausgeschlossen werden, dass Medikamente oder eine Vergiftung nur den Anschein erwecken, dass der Patient tot ist.
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Zweitens wird untersucht, ob alle Hirn- und Hirnstammfunktionen tatsächlich ausgefallen sind. Man prüft mit insgesamt sieben Tests, ob grundlegende Reflexe noch funktionieren, die durch das Gehirn gesteuert werden: Reagieren die Pupillen noch auf Licht? Gibt es eine Reaktion auf Schmerzreize? Hat die Patientin oder der Patient noch einen Husten- und Schluckreflex? Zudem muss gezeigt werden, ob sie oder er bei abgeschaltetem Beatmungsgerät nicht wieder selber zu atmen beginnt. Wird bei keinem dieser und weiterer Tests ein Reflex ausgelöst, so gilt dies als Nachweis, dass das Gehirn ausgefallen ist. In Zweifelsfällen müssen weitere Verfahren zur Anwendung kommen, bei denen z.B. geprüft wird, ob das Gehirn noch durchblutet wird.
Trotz dieser unterschiedlichen Formen der Todesfeststellung gibt es juristisch nur eine Todesdefinition: den irreversiblen Ausfall der Hirnfunktion. Dennoch wird der Begriff „Hirntod“ weiter verwendet, weil das „kompliziertere“ Verfahren nur in einem sehr speziellen Fall zur Anwendung kommt – nämlich wenn die betroffene Person auf einer Intensivstation verstirbt und zudem die Voraussetzungen für eine Organspende gegeben sind (d.h. es liegt eine Zustimmung der Person oder ihrer Angehörigen vor und die Organe sind medizinisch für eine Transplantation geeignet).
Einen wichtigen Rahmen für diesen Entscheid bildet die in der Schweiz geltende erweiterte Zustimmungslösung. Diese besagt grundsätzlich, dass ein expliziter Entscheid für eine Organspende (durch den Betroffenen selbst oder dessen Angehörigen) vorliegen muss. Im Gegensatz dazu verlangt eine so genannte Widerspruchsregelung (die in einigen anderen Ländern gilt), dass der Betroffene explizit Nein sagt zu einer Organspende. Einige Politiker in der Schweiz plädieren für einen Wechsel zur Widerspruchsregel mit dem Argument, damit könne die Zahl der Spender erhöht werden. Inwieweit ein solcher Wechsel diesen Effekt aber wirklich hat, ist umstritten (klare Belege dafür gibt es in der Literatur nicht, siehe Rithalia et al. 2009). Ein Wechsel des Zustimmungsmodells ist jedenfalls nicht Bestandteil der laufenden Revisionen des Transplantationsgesetzes sowie der kürzlich erfolgten Revision der medizinisch-ethischen Richtlinien „Feststellung des Todes mit Bezug auf Organtransplantationen“ der Schweizerischen Akademie für Medizinische Wissenschaften SAMW.
Grenzziehung zwischen Leben und Tod unter Zeitdruck
Die Todesfeststellung im Kontext einer Organtransplantation erfolgt im Umfeld einer heiklen ethischen Grenze: Vor der Todesfeststellung ist die betroffene Person ein Patient, dem möglichst gut geholfen werden soll – danach ist die (verstorbene) Person ein Instrument zur Rettung einer anderen Person. Im Umfeld dieser Grenze sind zwei unterschiedliche Arten von Entscheidungen zu beachten: Zum einen der Entscheid, die therapeutischen Massnahmen abzubrechen, zum anderen der Entscheid zur Organspende. Letzterer kann bereits vorliegen, indem die betroffene Person ihren Willen in einer Spendekarte geäussert hat. Dann stellen sich die meisten der nachfolgend beschriebenen Probleme nicht. In den meisten Fällen fehlt aber eine solche Willensäusserung und gemäss dem schweizerischen Transplantationsgesetz entscheiden dann die Angehörigen. Dieser Entscheid geschieht unter Zeitdruck, der je nach Fall unterschiedlich hoch ist.
Die Todesfeststellung dient dazu, festzustellen, auf welcher Seite der Grenze zwischen Leben und Tod sich die Person befindet. Der ethisch relevantere Punkt ist allerdings der Entscheid, die therapeutischen Massnahmen beim betroffenen Patienten abzubrechen. Dies ist der weitaus häufigste Fall aller Todesfälle auf Intensivstationen: etwa 80 Prozent aller dort stattfindenden Todesfälle resultieren aus dem Entscheid des Ärzteteams, die Behandlung abzubrechen.
Die Todesfeststellung kann vor oder nach dem Therapieabbruch geschehen. Im ersten Fall ist der Zustand, der als „Hirntod“ bezeichnet wird, der Grund, die Therapie abzubrechen (denn diese ist in einem solchen Fall nutzlos), und die betroffene Person kommt bei gegebenen Voraussetzungen für eine Organspende in Frage. In diesem „klassischen“ Fall der Organspende besteht in der Regel auch genügend Zeit, um den Entscheid für eine Organspende zu treffen, falls eine Willensäusserung des Patienten nicht vorliegt. Im zweiten Fall erfolgt die Todesfeststellung, nachdem der Entscheid für einen Therapieabbruch getroffen worden ist und die Therapie abgebrochen wurde. Sie wird aber nur dann mittels Hirntoddiagnostik durchgeführt, wenn die Voraussetzungen für eine Spende gegeben sind (also Einwilligung und medizinische Eignung, z.B. keine Krankheiten, die eine Spende verunmöglichen). Ansonsten wartet man nach dem Therapieabbruch auf das Eintreten des Herz-Kreislauf-Stillstandes – was meistens kurz nach Abstellen der Geräte geschieht, manchmal aber auch erst nach vielen Stunden.
Der zweite Fall – Todesfeststellung nach Therapieabbruch – tritt bei einer zunehmend wichtiger werdenden Variante der Organspende auf: der Spende nach Herz-Kreislauf-Stillstand (man spricht dabei von non-heart-beating donation, NHBD). Hier werden also Personen zu Organspendern, die gewissermassen auf „klassische“ Weise versterben – also nach Herz-Kreislauf-Stillstand. Da hierbei auch die zu transplantierenden Organe nicht mehr durchblutet werden, ist der Zeitfaktor sehr viel kritischer als bei der „normalen“ Organspende.
Die genaue Bedeutung des Faktors Zeit hängt allerdings von der Art der NHBD ab, bei der vier Varianten unterschieden werden: Ankunft im Spital mit Herz-Kreislauf-Stillstand (d.h. mit bereits festgestelltem Tod), nicht erfolgreiche Reanimation, erwarteter Herz-Kreislauf-Stillstand sowie Herz-Kreislauf-Stillstand bei Patienten und Patientinnen mit Hirntod-Diagnose. Zeitdruck ist in den Fällen eins, zwei und vier ein zentrales Problem und entsprechend schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist es, den Entscheid zum Therapieabbruch und den Entscheid zur Organspende voneinander zu trennen. Faktisch müsste letzterer bereits getroffen sein, z.B. durch Vorliegen eines Spendeausweises.
Im dritten Fall ist die Sachlage anders, weil der Patient bereits auf der Intensivstation ist, allerdings mit einer aussichtslosen Prognose. Hier besteht grundsätzlich mehr Zeit, die nötigen Entscheide zu fällen. Allerdings stellt sich hier ein anderes Problem: die mögliche Vermischung der Entscheide zum Therapieabbruch und zur Spende. Denn im Gegensatz zum „normalen“ Fall muss die Frage einer Organspende den Angehörigen bereits gestellt werden, bevor der Tod des Patienten festgestellt worden ist. Auch im praktischen Ablauf sind die Angehörigen mit psychologischen Erschwernissen konfrontiert. So können sie beispielsweise am Patientenbett verbleiben, wenn die medizinischen Massnahmen (z.B. Beatmung) eingestellt werden und auf den Eintritt des Todes gewartet wird (dieser wird zehn Minuten nach Zusammenbruch des Kreislaufs mittels Hirntod-Diagnostik festgestellt). Allerdings muss danach der Prozess zur Organentnahme rasch beginnen, um Organschäden zu vermeiden.
Mittels vorbereitenden medizinischen Massnahmen kann bei möglichen Organspenderinnen oder -spendern das Zeitintervall zwischen dem Entscheid zum Therapieabbruch und dem Entscheid zur Organentnahme verlängert werden. Doch auch hier besteht eine ethische Grauzone, weil diese Massnahmen keinen direkten Nutzen für die Patientin oder den Patienten haben, sondern nötig sind, um die Organe vor Schaden zu bewahren. Das Problem ist besonders heikel in dem Fall, wenn vorbereitende medizinische Massnahmen bereits vor der Feststellung des Todes eingeleitet werden und ohne Wissen um die Haltung zur Organspende des urteilsunfähigen Patienten auf der Intensivstation – gemäss den neuen Richtlinien der SAMW kann dies lediglich in einem Fall auftreten: NHBD der Gruppe 3.
Wann und welche vorbereitenden Massnahmen im Verlauf des Spendeprozesses eingeleitet werden dürfen, ist gemäss der jetzt geltenden Fassung des Transplantationsgesetzes umstritten. In der nun in Vernehmlassung befindlichen Revision des Gesetzes wird deshalb präzisiert, dass vorbereitende Massnahmen immer eine vorgängig gegebene Zustimmung brauchen, neu nun aber auch die Angehörigen diese geben dürfen, wenn vom potenziellen Spender keine Willensäusserung zu solchen Massnahmen vorliegt. Die Schwere des Eingriffs der konkreten vorbereitenden Massnahme spielt dabei eine Rolle und das Einlegen einer Kanüle, um nach der Todesfeststellung rasch Konservierungslösung für die Organe einleiten zu können, wird im Kommentar zum revidierten Gesetz als unzulässiger Eingriff bezeichnet – doch wirklich verboten wird dieser Eingriff nicht und es dürften dann wohl die Ärzte sein, die entscheiden, was als unzulässige vorbereitende Massnahme gilt und was nicht.
Anpassungen in der Praxis der Entscheidungsfindung
Das 2007 in Kraft getretene Transplantationsgesetz verweist auf die Richtlinien der Schweizerischen Akademie für Medizinische Wissenschaften, um die Praxis der Todesfeststellung und der daran geknüpften Entscheidungen zu regeln. Da hierbei gemäss SAMW gewisse Interpretationsschwierigkeiten aufgetreten sind, wurden die Richtlinien kürzlich angepasst, wobei insbesondere drei Änderungen wichtig sind:
- Ursprünglich musste die Hirntod-Diagnostik einmal wiederholt werden. Sofern die Ursache für den Funktionsausfall des Gehirns eindeutig feststeht, braucht es neu für die Feststellung des Todes nur noch eine klinische Untersuchung; diese muss durch zwei Ärzte vorgenommen und die Diagnose des Hirntodes von beiden bestätigt werden (Vier-Augen-Prinzip).
- Wenn feststeht, dass die Prognose bei einem Patienten aussichtslos ist, darf die Möglichkeit einer „Organspende“ mit den Angehörigen besprochen werden, bevor der Tod des Patienten festgestellt worden ist.
- Es werden die Voraussetzungen definiert, unter denen vorbereitende medizinische Massnahmen im Hinblick auf eine Organtransplantation durchgeführt werden können und wie dieser Punkt mit den Angehörigen besprochen wird.
Begründung für die erste Änderung ist, dass eine korrekt durchgeführte klinische Hirntod-Diagnostik als sicheres Verfahren gilt und beim Vorliegen einer bekannten Ursache für den Hirntod (z.B. massive Hirnblutung, mittels Bildgebung nachgewiesen) aus medizinischer Sicht eine klinische Hirntoddiagnostik ausreicht. Man nimmt damit allerdings in Kauf, dass das psychologische Moment der „doppelten Sicherung“ wegfällt. Auch gibt es keine Daten darüber, wie oft es früher vorgekommen ist, dass in der ersten Untersuchung ein Hirntod diagnostiziert worden ist, in der zweiten dann aber nicht mehr. Gerade die neuen Forschungen im Bereich Neurowissenschaft im Fall von Patienten mit minimalem Bewusstsein zeigen, dass mehr Hirnaktivität feststellbar ist, als man dachte. So ist gar eine neue Debatte entbrannt, inwieweit die heutige Hirntod-Diagnostik wirklich den „Tod“ des Menschen markiert (Müller 2010). Angesichts der Tatsache, dass Sterben ein Prozess ist, stehen Setzungen wie der Hirntod immer unter einem besonderen Rechtfertigungsdruck – ein Punkt, der sich auch künftig nicht ändern wird.