Ethik und Stammzellen: Es geht um mehr als nur um Embryonen
Mit dem Gesetzesentwurf zur Embryonenforschung ist die Stammzellendebatte nun auch in der Schweiz lanciert worden. Gemäss dem Entwurf soll die Erzeugung von Stamm¬zellen aus sogenannt „überzähligen Embryonen“ unter gewissen Bedingungen erlaubt werden. Der moralische Status des Embryos steht im Mittelpunkt der ethischen Debatte. Es lassen sich aber eine Reihe weiterer Problemfelder aus sicht der Ethik erkennen, welche im Verlauf der diskussion ebenfalls Beachtung finden sollten.
Stammzellen sind die „Urzellen“ für die rund 200 verschiedenen Zellarten, aus denen Säugetiere – also auch der Mensch – bestehen. Zwei Eigenschaften charakterisieren Stammzellen: Sie können sich fast beliebig oft teilen und sie können sich, abhängig von bestimmten äusseren Bedingungen, zu verschiedenen „reifen Zellen“ entwickeln. Diese Eigenschaften machen Stammzellen für medizinische Anwendungen interessant. Gemäss begründeten Vermutungen könnten sich mit Hilfe von Stammzellen neue Therapien entwickeln lassen. Zudem sind Stammzellen ein wichtiges Instrument der biologischen Grundlagenforschung.
Stammzellen sind aber auch ein aktuell diskutiertes ethisches Problem, insbesondere weil für die Gewinnung gewisser Arten von menschlichen Stammzellen – den embryonalen Stammzellen – menschliche Embryonen zerstört werden. In der Diskussion stehen Prinzipien wie Forschungsfreiheit und Hilfspflicht der Forderung nach Bewahrung der Menschenwürde und weitere Einwände gegenüber. Die Beurteilung der Stammzellenforschung muss dabei eine Reihe von Faktoren beachten: Zum einen gibt es verschiedene Formen von Stammzellenforschung. Zum anderen existieren unterschiedliche Ansätze der Ethik für deren Beurteilung. Sowohl in Wissenschaftlicher wie ethischer Hinsicht bestehen zudem Berührungspunkte zu einer Reihe weitere Gebiete und Debatten. Dieser komplexen Problemlage muss sich die ethische Diskussion um Stammzellen bewusst sein.
Stammzellenforschung im Kontext des biologischen Fortschritts
Die Stammzellenforschung ist Teil der rasant fortschreitenden Biowissenschaften, welche insbesondere auf der Ebene der Genetik und Molekularbiologie grosse Erfolge vorweisen kann und einen markanten Einfluss auf die Medizin haben. Wie lässt sich die Stammzellenforschung in diese Umwälzungen der Biologie und Medizin einordnen? Folgende Gebiete sind relevant:
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Die Embryonenforschung ist Teil der Entwicklungsbiologie, welche sich mit der Frage befasst, wie aus einer befruchteten Eizelle ein ganzer Organismus wird.
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Die Klonforschung unterscheidet man drei Formen des Klonens: die Herstellung von Kopien einzelner Gene und Genabschnitte (gentechnisches Verfahren), die Erzeugung von Mehrlingen aus einem Embryo im frühesten Stadium und das Klonen mittels Kerntransfer, indem der Zellkern und damit das Ergbut einer Körperzelle in eine entkernte Eizelle gebracht wird. Mit diesem Verfahren könnte man sich einerseits fortpflanzen (reproduktives Klonen), was ethisch sehr umstritten ist. Andererseits könnten damit Embryonen für die Stammzellenforschung gewonnen werden (therapeutisches Klonen).
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Die Fortpflanzungsmedizin ist insbesondere wegen den Methoden der künstlichen Befruchtung Gegenstand öffentlicher Debatten. Die Stammzellenforschung hat deshalb eine Verbindung zur Fortpflanzungsmedizin, weil durch die Methoden der Fortpflanzungsmedizin „überzählige“ Embryonen entstehen, welche aus verschiedenen Gründen nicht mehr in eine Frau eingepflanzt werden können. Solche überzähligen Embryonen sind in der Praxis nicht zu vermeiden (z.B. Rücktritt der Frau von der Behandlung)
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Die Transplantationsmedizin steht vor dem Problem des Organmangels. Die damit verbundenen ethischen Probleme (Hirntodproblematik, Fragen der Lebendspende, Verteilungsgerechtigkeit etc.) sind bekannt und Gegenstand einer öffentlichen Debatte. Die Stammzellenforschung gilt als Hoffnungsträgerin der Transplantationsmedizin, da mit ihrer Hilfe Ersatzgewebe und –organe geschaffen werden sollen.
Die Stammzellenforschung ihrerseits untersucht, was Stammzellen (siehe Kasten) von den anderen Zellen des Körpers unterscheidet und wie die Prozesse der Zelldifferenzierung gesteuert werden. Stammzellenforschung kann auf eine gut 20-jährige Geschichte zurückblicken. Die überwiegende Mehrzahl der Forschung wurde bisher an tierischen Zellen durchgeführt. Menschliche embryonale Stammzellen wurden 1998 erstmals gewonnen und kultiviert. Heute existieren mehrere Dutzend menschlicher Stammzellinien. Auch in der Schweiz spielt Stammzellenforschung eine Rolle. Mit menschlichen embryonalen Stammzellen arbeitet derzeit aber nur eine Gruppe in Genf. Einen wichtigen Beitrag leistet das Nationale Forschungsprogramm „Implantate und Transplantate“ (NFP 46). Sieben der insgesamt 24 Projekte lassen sich der Stammzellenforschung zurechnen. Im Rahmen des NFP 46 werden auch soziale, rechtliche und ethische Fragen der Stammzellenforschung untersucht.
Die Verheissung Stammzellenmedizin
Die Stammzellenforschung zieht einen wesentlichen Teil ihrer Legitimation aus der Hoffnung, dass sie dereinst neue Formen der Therapie ermöglichen wird – und dies für Krankheiten mit grosser medizinischer Relevanz wie Erkrankungen des Herzens, des Gehirns oder die Zuckerkrankheit. Aufgrund von Tiermodellen lässt sich heute mit einiger Wahrscheinlichkeit sagen, dass multipotente Stammzellen für die Therapie geeignet sind. Eigentliche Therapien unter Verwendung embryonaler Stammzellen wurden aber noch nicht gefunden. Unklar ist derzeit auch, ob die verschiedenen Typen von Stammzellen gleichermassen für die Entwicklung von Therapien geeignet sind. Adulte Stammzellen werden zwar oft als Ausweg aus dem ethischen Dilemma, zu welchem die Gewinnung embryonaler Stammzellen führt, bezeichnet. Jüngst haben aber neue Forschungen die Hoffnungen bezüglich der Brauchbarkeit adulter Stammzellen gedämpft, so dass viele Forschende auf die Option der menschlichen embryonalen Stammzellen nicht verzichten wollen. Ziel der Forschung ist der Aufbau einer eigentlichen Stammzellenmedizin. Dieser wären drei neue Therapiekonzepte zuzutrauen:
- Sie könnte in der Lage sein, biologisches Material in vielfältiger Form für den medizinischen Gebrauch zu züchten.
- Zweitens könnten direkt Stammzellen transplantiert werden und dann im Körper des Patienten selbst zur Bildung der nötigen Gewebe angeregt werden.
- Drittens könnte die Stammzellenmedizin dereinst in der Lage sein, die körpereigenen Stammzellen derart zu stimulieren, dass eine körpereigene Regeneration von Gewebe möglich wird.
Eine Form der Stammzellenmedizin ist überdies seit gut drei Jahrzehnten klinische Praxis: Die Rede ist von Blutstammzellen. Diese werden dem Knochenmark entnommen (Lebendspende) und kommen bei bestimmten Blutkrankheiten (z.B. Leukämie) zum Einsatz. Weltweit werden heutzutage jährlich über 50'000 solcher Transplantationen durchge¬führt.
Die wirtschaftliche Bedeutung der Stammzellenmedizin lässt sich derzeit noch nicht eindeutig abschätzen: Gewisse Studien prophezeien eine rasante Entwicklung des Marktes, andere Einschätzungen hingegen relativieren diese Einschätzung. Marktreife Produkte unter Verwendung embryonaler Stammzellen sind noch keine vorhanden. Von den drei grossen Pharma-Unternehmen der Schweiz hat bisher lediglich Novartis öffentlich erklärt, dass zwei Forschungsprojekte mit menschlichen Stammzellen am Laufen seien.
Das ethische Diskussionsfeld
Die ethische Debatte um (menschliche) Stammzellen ist eingebettet in eine ganze Reihe weiterer Problemfelder mit einer mehr oder weniger langen Diskussionstradition. Folgende Bereiche lassen sich identifizieren:
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Bei Abtreibungen wie bei der Gewinnung embryonaler Stammzellen gilt die Tötung eines Embryos als der Kern des moralischen Problems. Dennoch bestehen Unterschiede hinsichtlich Kontext und Interessen: Im Fall der Abtreibung ist die betroffenen Frau viel enger in das Problem involviert als bei Stammzellen, wo eine Frau als Eizellenspenderin auftritt. Auch treten andere Argumente auf. Im ersten Fall sind das Selbstbestimmungsrecht und um die Respektierung der moralischen Kompetenz der Frau zentral, im anderen Fall die Forschungsfreiheit und die „Hilfspflicht“.
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Die Diskussion um die „Hilfspflicht“ berührt Fragen der Lebenserhaltung, welche in verschiedenen ethischen Traditionen einen hohen Stellenwert hat. Begründet wird damit sowohl eine direkte, konkrete Hilfe, als auch eine indirekte Hilfe z.B. im Sinn von Mitarbeit in einer Institution, welche die Hilfe für Menschen zum Ziel hat. Die Stammzellenforschung ist auf Eispenderinnen (und Samenspender) angewiesen („direkte Hilfe“). Aus der „Hilfspflicht“ stammt zudem ein Argument, das in der Güterabwägung bei der Beurteilung medizinischer Forschung zum Tragen kommt. Dieses behauptet: Wenn aus einem Forschungsgebiet mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit neue Therapien erwachsen können, so besteht eine Pflicht zur Forschung auf diesem Gebiet. Zwei Aspekte spielen in diesem Argument eine Rolle: Wie gut lässt sich dieses Potenzial einschätzen? Wie viel Geld soll man einsetzen dürfen, da die Mittel ja begrenzt sind und andere Forschungen entsprechend weniger gefördert werden?
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Forschungsfreiheit und ihre Grenzen sind insbesondere seit Mitte des 20. Jahrhunderts ein Dauerthema. Idee der Forschungsfreiheit ist: Da es in der Natur der Forschung liegt, dass man nicht weiss, was man herausfinden wird, soll man ihr die Freiheit geben, möglichst viel versuchen zu dürfen. Unbestritten ist aber auch, dass die Forschungsfreiheit nicht absolut gelten kann.
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Wirtschaftsfreiheit ist ein wichtiges Prinzip einer liberalen Gesellschaftsordnung. Kaum jemand bestreitet aber, dass Menschenwürde höher zu gewichten ist, sollte denn diese durch wirtschaftliches Handeln verletzt werden. Kristallisationspunkt der ethischen Debatte ist heute aber vielmehr die Patentfrage, welche in jüngster Zeit vor allem bezüglich Patente auf isolierte Zellen, gentechnisch veränderte Lebewesen und Genpatente heiss diskutiert wird, aber künftig auch bei Stammzellen eine Rolle spielen dürfte. Patente definieren Nutzungsrechte an Erfindungen und Verfahren und wirken damit einschränkend auf die freie Nutzung derselben.
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In Industrieländern hat sich in den vergangenen Jahren eine Debatte um eine „neue Medizin“ entwickelt, welche hauptsächlich um zwei Fragen kreist: Zum Einen hat der Fortschritt in der Medizin zu einem rasanten Anstieg der Kosten geführt, mit welchem die bisherigen Finanzierungsmechanismen kaum mehr Schritt halten können. Fragen der Rationierung medizinischer Leistungen drängen sich auf. Zum Anderen stellt sich angesicht einer hochtechnisierten Medizin die Frage der Einbindung des Menschlichen in den Alltag der Medizin. Im Kontext der Debatte um die „neue Medizin“ wird es deshalb beispielsweise darum gehen, ob die Stammzellenmedizin dereinst zu einer „teuren“ oder einer „billigen“ Medizin führen wird.
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Die Stammzellenforschung ist schliesslich auch Teil der Debatte um neue Menschenbilder: Menschliche Sexualität beispielsweise beinhaltet Partnerschaft, Genuss und Fortpflanzung. Bereits im Kontext der künstlichen Befruchtung wird eine verstärkte Abtrennung des Fortpflanzungsaspekts von den beiden anderen Aspekten thematisiert. Die Stammzellenforschung bringt insofern eine neue Qualität in die Debatte, als sie die „Produkte“ der Sexualität – Embryonen – aus dem Kontext der Fortpflanzung entfernt und einem anderen Zweck zugänglich macht.
Die ethisch heiklen Schritte
Was sind nun im Einzelnen die ethisch relevanten Aspekte der Gewinnung und Weiterverwendung von menschlichen embryonalen Stammzellen? Es lassen sich folgende Schritte identifizieren, welche von verschiedenen ethischen Standpunkten unterschiedlich beurteilt werden. Einige davon spielen auch bei adulten Stammzellen eine Rolle:
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Gewinnung des Ausgangsmaterial: Eizellen und Sperma, Aborte, Nabelschnurblut oder adulte Stammzellen. Es stellen sich Fragen nach der Einwilligung und der sozialen Bedingungen, unter welchen das Ausgangsmaterial gewonnen wird.
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Schaffung von Embryonen: Hierbei dürfte unterschieden werden, ob die Embryonen primär für Fortpflanzungszwecke geschaffen werden (und später überzählig werden) oder direkt für Forschungszwecke erzeugt werden. Zu prüfen sind auch Verfahren zur Schaffung von nicht lebensfähigen „Embryonen“, z.B. mittels Jungfernzeugung.
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Austausch von Embryonen: Es stellt sich die Frage, ob eine Form des Austauschs gestattet werden soll oder nicht.
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Zerstörung von Embryonen: Dieser Schritt gilt aus ethischer Perspektive gemeinhin als der problematischste.
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Aufbau von Stammzellen-Banken: Hier stellen sich Fragen der Finanzierung und des Handels mit Stammzellen-Kulturen sowie Eigentumsfragen.
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Patentfragen: Techniken, isolierte Zellen oder evt. genveränderte Stammzellen könnten patentiert werden. Inwiefern wird dadurch die Menschenwürde verletzt oder die Forschung behindert?
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Kosten der Stammzellenmedizin: Stammzellenmedizin könnte das Gesundheitssystem finanziell belasten – oder auch entlasten.
Bei der Beurteilung dieser Fragen spielen eine Reihe von Argumenten eine Rolle (siehe Kasten), welche je nach Verständnis und Tradition von Ethik unterschiedlich gewichtet werden. Die Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin hat sich aus diesem Grund in ihrer Stellungnahme auf eine Publikation des deutschen Medizinethikers Giovanni Maio gestützt. Darin wird als Kernfrage formuliert, in welchen Kategorien sich die Schutzwürdigkeit des Embryos begründen lässt und welche Vorannahmen den Bewertungen zu Grunde liegen. Maio formuliert drei Modelle, welche sich mit verschiedenen grundlegenden Richtungen im abendländischen Ethikverständnis in Verbindung bringen lassen:
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Das erste nennt er „Personmodell“. Dieses bringt zum Ausdruck, dass ein Embryo gleich behandelt werden soll wie eine Person und entsprechend Träger von Menschenwürde ist. Wichtig sind in diesem Modell das Kontinuitätsargument, das Potenzialitätsargument und das Gattungszugehörigkeitsargument. Dieses Modell steht in einem engen Bezug zur Ethikkonzeption von Immanuel Kant. Ausgehend vom Personmodell ist eine Instrumentalisierung des Embryos für die Stammzellengewinnung nicht gestattet.
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Das zweite Modell nennt Maio „Objektmodell“, welches den Embryo als Sache betrachtet, der keine eigenen Schutzrechte hat. Ein ethischer Freibrief ist damit aber nicht erteilt, denn die Verletzung anderer Güter (beispielsweise im Zusammenhang mit der Eispende) bedarf weiterhin der Abwägung. Wichtig sind in diesem Modell das Argument der Doppelmoral, der Person und der Identität. Damit steht dieses Modell in einem Bezug zu utilitaristischen Theorien, welche sich mit Philosophen wie John Stuart Mill in Verbindung bringen lassen. Stammzellenforschung für medizinische Zwecke ist gemäss diesem Ansatz gerechtfertigt.
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„Ist der Embryo Mensch oder Sache?“ scheint die Kernfrage bei der Wahl dieser zwei Modelle zu sein. Als Alternative schlägt Maio das „Respektmodell“ vor. Dieses bringt zum Ausdruck, dass die Schutzwürdigkeit des Embryos in seinen Entwicklungsstufen ansteigt. Es geht gleichzeitig davon aus, dass auch das frühste embryonale Leben Respekt verdient in dem Sinn, dass dessen Tod nur in Notsituationen hingenommen werden könne. Damit kann das Modell im Umfeld von Ethik-Konzeption von Hans Jonas („Prinzip Verantwortung“) und Albert Schweitzer („Ehrfurcht vor dem Leben“) bzw. vor dem Hintergrund einer ganzheitlichen Wirklichkeitsbetrachtung angesiedelt werden. Stammzellenforschung ist in diesem Modell höchstens als „ultima ratio“ und unter sehr strikten Bedingungen gerechtfertigt.
Eine ethische Beurteilung der Stammzellenproblematik muss sich schliesslich auch bewusst sein, dass diese in einem rechtlichen und religiösen Kontext eingebunden ist, wenngleich das ethische Argument durchaus rechtliche Verbote wie religiöse Tabus in Frage stellen darf. In der Schweiz sind die für die Stammzellenproblematik wichtigsten verfassungsmässigen Grundsätze die Artikel 20 (Wissenschaftsfreiheit), 64 (Forschungsförderung), 119 (Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im Humanbereich), 119a (Transplantationsmedizin) und 120 (Gentechnologie im Ausserhumanbereich) gemäss Nummerierung in der revidierten Bundesverfassung. Ebenfalls von Bedeutung sind die Artikel 7 (Schutz der Menschenwürde), 10 (Recht auf Leben und persönliche Freiheit) und 13 (Schutz der Privatsphäre). Explizite verfassungsrechtliche Schranken für die Stammzellenforschung sind das Verbot des Klonens menschlicher Keimzellen (welches übrigens in der alten Bundesverfassung noch nicht enthalten war), deren gentechische Veränderung, die Erzeugung von Embryonen für andere Zwecke als zur Fortpflanzung, die Embryonenspende, der Handel mit Embryonen und deren Erzeugnisse (Stammzellen) und die Bezahlung für die Spende von (adulten) Stammzellen. Der Schutz der Menschenwürde und der Würde der Kreatur sind zu gewährleisten. Auf Gesetzesebene gelten derzeit das Fortpflanzungsmedizingesetz (FmedG). In Vorbereitung sind das Transplantationsgesetz (im Parlament), das Gesetz über die Embryonenforschung (in der Vernehmlassung) und das Gesetz über die medizinische Forschung am Menschen (in der Entwurfsphase). Das FmedG verbietet insbesondere die Präimplantationsdiagnose und die Konsverierung von Embryonen. Das Transplantationsgesetz soll insbesondere die Wahl eines für die Stammzellenforschung günstigen Abtreibungszeitpunktes verbieten, verlangt die informierte Zustimmung von Spender adulter Stammzellen und regelt den Betrieb eines Stammzellenregisters. Das Embryonenforschungsgesetz will gemäss Entwurf des Bundesrates die Erzeugung von Stammzellen aus „überzähligen Embryonen“ zulassen, wenn eine Reihe vom Kriterien eingehalten werden, so etwa die Zustimmung des Spenderpaares.
Auf der Ebene der Religionen schliesslich lassen sich ebenfalls eine Mehrzahl von Ansichten erkennen: Bekannt ist die Position der katholischen Kirche, welche den Lebensschutz insbesondere von „ungeborenem menschlichen Leben“ sehr hoch einschätzt und demnach jegliche Forschung, die zur Tötung von Embryonen führt, verbietet. In den protestantischen Richtungen lassen sich Pro- wie Contra-Ansichten zur Stammzellenforschung finden. Die orthodoxe Kirche scheint gemäss vorliegenden Stellungnahmen eine skeptische Haltung gegenüber der Stammzellenforschung einzunehmen. Im Judentum haben die Prinzipien des Lebensschutzes wie auch der Hilfspflicht eine gleichwertige Stellung. Der Embryo wird grundsätzlich vom Zeitpunkt der Befruchtung als potenzielle Person und somit als schützenswert betrachtet, jedoch wird der Embryo als Teil der Mutter und nicht als eigenständige Person angesehen. Embryonen, die künstlich und ausserhalb der Mutter gezeugt werden, haben demnach einen anderen ethischen Status als „natürliche Embryonen“, so dass Stammzellenforschung im jüdischen Kontext grundsätzlich gerechtfertigt werden kann. Im Islam schliesslich gilt menschliches Leben grundsätzlich als heilig ist und soll entsprechend respektiert werden. Die Menschwerdung ist verknüpft mit der Beseelung des Embryos, bezüglich diesen Zeitpunkt liegen aber unterschiedliche Ansichten vor. Da medizinischer Fortschritt einen hohen Wert im Islam hat und es die Aufgabe des Menschen ist, Therapien gegen Krankheiten zu finden, halten zumindest einige islamische Glaubensvertreter die Stammzellenforschung für gerechtfertigt.
Die Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin hat eine umfangreiche Stellungnahme zur Stammzellenproblematik ausgearbeitet. Diese geht umfassend auf die verschiedenen ethischen wie wissenschaftlichen und weltanschaulichen Fragen ein. Sie kann gratis bezogen werden bei: Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin. p.A. Bundesamt für Gesundheit, 3003. Bern.